Welche Leistungen erbringt das Blindenwesen?
In der Sozialarbeit geht es darum, einen lösungsorientierten Umgang mit der Sehbehinderung im Alltag zu finden. Sozialberater und -beraterinnen:
- bieten eine ziel- und ressourcenorientierte Beratung
- klären die Bedürfnisse von Menschen mit Sehbehinderung ab
- beraten Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung sowie deren Umfeld, ArbeitgeberInnen und Institutionen
- bieten eine Psychosoziale Begleitung
- unterbreiten Sachhilfe, beraten bei Sozialversicherungsfragen und Bedarf an finanzieller Unterstützung
- organisieren die Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Organisationen
Rehabilitation ermöglicht das Erlernen von Strategien, um die behinderungsbedingten Einschränkungen so gut als möglich auszugleichen und die Integration in das berufliche und gesellschaftliche Leben zu ermöglichen.
Man unterscheidet drei Rehabilitationsdisziplinen:
- Orientierung und Mobilität
- Lebenspraktische Fähigkeiten
- Low Vision
Orientierung und Mobilität
Blinde, sehbehinderte und hörsehbehinderte Menschen erleben häufig Einschränkungen in der Mobilität. Ein Training in Orientierung und Mobilität (O&M) ermöglicht ihnen, Techniken, Strategien und Verhaltensweisen zu erlernen, um sich sicher fortzubewegen. In O&M Trainings werden viel genutzte Wege eingeübt, Strategien zur Orientierung vermittelt und der Umgang mit dem weissen Stock und anderen Hilfsmitteln (wie zum Beispiel Apps) trainiert. So werden Hürden abgebaut und Ziele sicher erreicht.
Die Rehabilitationsfachperson arbeitet mit blinden und sehbehinderten Menschen im Einzelunterricht. Der Unterricht erfolgt individuell. Die Rehabilitationsfachperson passt sich dem Lerntempo, den Möglichkeiten und Zielen der betroffenen Person an. Die Schulung findet je nach Wunsch am Wohnort, Arbeitsort oder an einem zunächst fremden Ort statt.
Eine Schulung für Orientierung und Mobilität kann folgendes beinhalten:
- Auswahl des weissen Stockes und der geeigneten Stockspitze und das Erlernen von dessen Handhabung und der verschiedenen Techniken. Der Langstock dient als Körperschutz, zum Erkennen der Bodenbeschaffenheit und zur Wahrnehmung von Trottoirkanten, Treppen usw. Die Techniken werden während der gesamten Schulung erweitert und geübt.
- Erlernen der Techniken der Sehenden Begleitung, um möglichst entspannt gemeinsam mit einer Begleitperson unterwegs sein zu können.
- Strategien verinnerlichen, um sich in einer bekannten oder unbekannten Umgebung orientieren zu können.
- Techniken kennen und anwenden lernen, um alle vorhandenen Sinne bewusst einzusetzen und nutzen zu können. Verschiedene Hilfsmittel werden ausprobiert.
- Vorgehens- und Verhaltensweisen lernen, um Strassen sicher überqueren zu können.
- Den öffentlichen Verkehr sicher nutzen lernen.
- Verschiedene Hilfsmittel werden erprobt und eingesetzt. Beispielsweise ein Kompass, Smartphone oder GPS-Systeme.
Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF)
Das Angebot der Lebenspraktischen Fähigkeiten bietet Beratung und Unterstützung bei sehbehinderungsbedingten Einschränkungen im Alltag. Durch eine individuelle Beratung werden Lösungen bei Schwierigkeiten im Alltag gesucht, um eine möglichst selbständige Lebensführung bei Seheinschränkungen zu ermöglichen. Häufig können Handlungen angepasst werden, sodass Aktivitäten durch spezifische Strategien wieder durchgeführt werden können. Ausserdem kann die Umgebung durch den Einsatz von Kontrasten und angepasster Beleuchtung optimiert werden. Durch den Einsatz von Ordnungssystemen und Markierungen kann die Umgebung organisiert und können Geräte zugänglich gemacht werden.
Oft kommen auch sehbehinderungs- und blindenspezifische Hilfsmittel zum Einsatz. Die Fachperson für Lebenspraktische Fähigkeiten unterstützt bei der Auswahl, Erprobung und deren Einsatz im Alltag.
Die Massnahmen der Lebenspraktischen Fähigkeiten helfen dabei, Alltagsaufgaben zu bewältigen. Themen können sein:
- Kommunikation: Telefonie, Schreiben, Terminverwaltung, Geld erkennen, Aufnahme- und Wiedergabegeräte.
- Kleiderpflege: Wäsche waschen, sortieren, falten und bügeln.
- Kochen: Nutzung und Bedienung von Küchengeräten, Abmessen, Dosieren, Umgang mit Hitze.
- Essen: Verschiedene Techniken und Kontrollmethoden, Einschenken.
- Körperpflege: Zahn- und Nagelpflege, Rasieren, Dosierung von Medikamenten, Bedienung von medizinischen Geräten.
- Haushalt: Verschiedenste Reinigungsarbeiten wie Staubsaugen, Badreinigen, Betten beziehen, Geschirrspülen, kleine Reparaturen.
- Nähen: Einfädeln, Knöpfe annähen.
- und vieles mehr.
Low Vision
Menschen mit einer Sehbehinderung haben visuelle Beeinträchtigungen, die sich nicht mit üblichen Brillen oder durch operative Eingriffe beheben lassen. Meist sind neben der Sehschärfe visuelle Funktionen, wie die Wahrnehmung für schwache Kontraste, die Blendung, das Gesichtsfeld oder auch die Farbwahrnehmung betroffen.
Die Low Vision-Rehabilitation sucht gemeinsam mit den betroffenen Personen Lösungen, um den Alltag wieder so gut wie möglich selbständig zu bewältigen.
Damit das gelingen kann, ist einerseits eine optimale Versorgung mit optischen Hilfsmitteln nötig. Dazu gehören vergrössernde Hilfsmittel, von der individuellen Lupenbrille bis zum elektronischen Bildschirmlesegerät. Andererseits werden neue Sehstrategien erarbeitet, um auch mit einem reduzierten Sehvermögen kleine Schriften wie etwa Zeitungstext wieder lesen zu können. Eine optimale, blendfreie Beleuchtung ist dabei eine wertvolle Unterstützung.
Um einen Menschen mit Sehbehinderung in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren oder dessen Arbeitsplatz zu erhalten, bedarf es abgestimmter Massnahmenpakete.
Die Anbieter von Dienstleistungen rund um das Thema "Arbeit" können jede Situation prüfen, eine geeignete Lösung finden und arbeiten individuelle berufliche Integrationspläne aus. Sie beantworten Fragen wie
- Kann die Sehbehinderung am Arbeitsplatz mit Hilfsmitteln und kompensatorischen Arbeitstechniken ausgeglichen werden oder müssen Tätigkeiten angepasst werden?
- Muss eine Umschulung in Betracht gezogen werden?
- Welche sehbehindertengerechten Möglichkeiten stehen zur Verfügung?
- Welche Ausrüstung mit Hilfsmittel für den Arbeitsplatz oder die Ausbildung braucht es?
- Welche arbeitsplatzbezogenen Schulungen von neuer Software braucht es?
Erfahrungen zeigen, dass Betroffene, die mit technischen und optischen Hilfsmitteln ausgerüstet sind, sowie kompensatorische Arbeitstechniken beherrschen, intakte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Berufe mit einem hohen Informatik- und Kommunikationsanteil, Beratungsberufe sowie physikalisch-medizinische Berufe sind besonders geeignet.
Die Palette an spannenden Freizeitangeboten für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung ist gross. Die Organisationen für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung bieten vieles an, von Ateliers, in denen handwerklich und künstlerisch gestaltet wird über spezifische Sportangebote wie begleitetes Jogging, Blindenfussball, Showdown etc. bis hin zu Kulturangeboten wie der Besuch von Ausstellungen.
Menschen mit Sehbeeinträchtigung oder Mehrfachbeeinträchtigungen haben spezifische Bedürfnisse an ihre Wohnsituation.
Viele Menschen mit Sehbeeinträchtigug können selbständig zu Hause wohnen. Sie benötigen aber Anpassungen in der Wohnung oder im Zugang zum Gebäude. Hier bietet zum Beispiel die Fachstelle Hindernisfreie Architektur eine Fachberatung "Sehbehindertengerechtes Bauen" an.
Andere Menschen sind auf Heime oder Wohngemeinschaften angewiesen, die spezifisch für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung geeignet sind. So gibt es in der Schweiz zum Beispiel Alters- und Pflegeheime, die Wohnraum für blinde und sehbehinderte Menschen anbieten.
All diese Angebote finden Sie in dieser Kategorie.
Sehbehinderte und blinde resp. hörsehbehinderte und taubblinde Kinder können grundsätzlich ab dem frühesten Kindesalter von einer meist ambulant organisierten spezifischen heilpädagogischen Früherziehung HFE profitieren.
Im Schulalter können Kinder und Jugendliche, bei denen eine Sinnesbehinderung festgestellt und abgeklärt wurde, normalerweise die Regelschule an ihrem Wohnort, die weiterführenden Schulen der Sekundarstufe, die Berufsschule oder auch die Hochschule in der Region besuchen.
Es gibt aber auch Sonderschulungs-Modelle und spezifische Berufsbildungsangebote für Kinder und Jugendliche mit einer Sehbeeinträchtigung. Meist werden diese Schulformen gewählt, wenn zusätzliche Lern- und Entwicklungserschwernisse bestehen.
Unabhängig davon, in welchem Schul- oder Ausbildungsmodell Kinder oder junge Menschen ihre Laufbahn absolvieren, können sie, aber auch deren Lehrpersonen sowie die Eltern, Unterstützung in allen (hör)sehbehinderungsspezifischen Belangen in Anspruch nehmen. Dazu setzen staatliche oder private Einrichtungen ambulante Fachkräfte ein, die sogenannte Beratung und Unterstützung (B&U).
Blinden- oder sehbehindertenspezifische Hilfsmittel erlauben es Menschen mit einer Beeinträchtigung des Sehens im Alltag autonom zu handeln und sich selbständig zu bewegen. Über 600 spezifische Hilfsmittel für blinde, sehbehinderte, hörsehbehinderte und taubblinde Menschen befinden sich allein im Sortiment des SZBLIND. EDV- Hilfsmittel wie zum Beispiel Bildschirmlesegeräte oder Sprachausgabesysteme, Vergrösserungssoftware und Blinden-Notizgeräte werden von anderen Fachstellen vertrieben und der Umgang mit diesen geschult.
Zur Abklärung und Unterstützung der visuellen Entwicklung in den ersten Lebensjahren gibt es in der Schweiz das Angebot der «Heilpädagogischen Früherziehung für Kinder mit Sehbeeinträchtigung » (in einigen Regionen der Schweiz auch als «Low Vision-Pädagogik» bezeichnet). Ein Kind mit einer Sehbeeinträchtigung benötigt spezielle visuelle Angebote, damit sich das Sehvermögen bestmöglich entwickeln kann. Auch der gezielten Förderung der nicht-visuellen Bereiche wie Hören, Tasten, Riechen und Schmecken kommt eine grosse Bedeutung zu. Damit können sich die Motorik, Sprache, Emotionen und das Denken weiterentwickeln. Speziell bei einer zusätzlich vorliegenden Hörschwäche oder bei weiteren Beeinträchtigungen sollte ein Kind gut abgeklärt und beobachtet werden.
Das Angebot der spezialisierten heilpädagogischen Früherziehung umfasst die Abklärung des Kindes bis zur Einschulung und seine Förderung, die Beratung und Begleitung der Eltern beziehungsweise der Bezugspersonen sowie die Zusammenarbeit mit anderen Fachpersonen und Institutionen. Die Unterstützung des Kindes und seiner Eltern erfolgt in der Regel am Wohnort. Die Häufigkeit wird nach Bedarf festgelegt, in der Praxis oft einmal wöchentlich.